LG Leipzig, Urteil vom 08.08.2012; Az.: 05 O 3921/09
Ausgangslage:
Die Beklagte, eine Sendeanstalt des öffentlichen Rechts, verwendete in § 10 Abs.1 des Produktions- vertrag Fernsehen (Auftragsproduktion) die sogenannte VFF Klausel, welche wie folgt lautet:
"Unbeschadet der Rechtsfrage, ob die für diese Auftragsproduktion entstehenden Leistungsschutzrechte nach § 94 UrhG vom MDR oder vom Vertragspartner erworben werden, ist der Vertragspartner berechtigt und verpflichtet, die Vergütungsansprüche aus § 27 Abs. 2, § 54 Abs. 1 und § 20b Abs. 2 i.V.m. § 94 Abs. 4 UrhG gegenüber Dritten im eigenen Namen geltend zu machen. Der Vertragspartner wird die Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten GmbH (VFF) mit der Wahrnehmung dieser Vergütungsansprüche beauftragen. Die sich hieraus ergebenden Erlöse stehen zur Hälfte dem MDR zu. Der Vertragspartner verpflichtet sich, dem MDR auf Verlangen über alle mit der Geltendmachung der Vergütungsansprüche aus § 27 Abs. 2, § 54 Abs. 1 und § 20b i.V.m. § 94 UrhG zusammenhängenden Vorgängen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen."
Hiergegen klagte die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V. vor dem Landgericht mit der Begründung, dass diese Regelung gegen § 307 BGB verstoße, da eine unangemessene Benachteiligung vorliege. Denn bei einer echten Auftragsproduktion ist immer der Auftragsproduzent selbst der Leistungsschutzberechtigte nach § 94 UrhG. Und § 94 UrhG gibt demjenigen, welcher das Risiko der Herstellung des Filmes trägt, „das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen“. Durch die VFF-Klausel, so die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V., werden die Filmemacher in unzulässiger Art und Weise in ihren Leistungsschutzrechten beeinträchtigt.
Entscheidungsgründe:
Das Landgericht gab der Klägerin nahezu vollständig Recht. Denn Filmhersteller, so das Landgericht, sind nach herrschender Auffassung diejenigen natürlichen oder juristischen Personen, welche die zur Herstellung und Fertigstellung des Films notwenigen Entscheidungen als Unternehmer treffen. Es komme damit letzten Endes darauf an, wer die wirtschaftlichen Entscheidungen zu verantworten habe. Diesem wirtschaftlichen Risiko trägt der Gesetzgeber dadurch Rechnung, dass der Filmhersteller nach § 94 UrhG ein originäres Leistungsschutzrecht erhält, welches vorsieht, dass der Produzent das Recht auf Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Vorführung und Funksendung oder öffentliche Zugänglichmachung erhält. Durch die Verwendung der VFF-Klausel wird jedoch dieses Entscheidungsrecht des Filmherstellers beeinträchtigt. Denn gem. § 94 Abs.4 UrhG stehen dem Filmhersteller grundsätzlich auch die gesetzlichen Vergütungsansprüche nach §§ 20b, 27 und 54 UrhG zu.
Indem sich die Filmhersteller der VFF-Klausel unterwerfen, erklären sie sich bereit, die ihnen zustehenden Ansprüche uneingeschränkt über die VFF geltend zu machen, obwohl den Filmherstellern eigentlich ein Wahlrecht zustehe. Zudem stehen die Verwertungserlöse den Filmemachern uneingeschränkt zu. Im Ergebnis werden die Filmemacher daher im Sinne des § 307 BGB unangemessen benachteiligt.
Kommentar:
Diese Entscheidung war längst überfällig und ist unserer Meinung nach auch richtig. Denn das Urhebergesetz sieht gem. §§ 20 b Abs. 2 Satz 2, 27 Abs. 1 Satz. 2, § 63a, 94 Abs.4 UrhG eindeutig vor, dass Urheber bzw. Produzenten als Leistungsschutzberechtigte über diese Ansprüche nicht vorab verzichten können. Genau das ist jedoch aufgrund des wirtschaftlichen Ungleichgewichts von Auftragsproduzenten und den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten der Fall.
Soweit die Beklagte hiergegen keine Berufung einlegt, setzen sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten Zahlungsansprüchen aus. Es bleibt den Produzenten daher letztlich nur zu raten, diesen eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. Denn am Ende wird es sich lohnen.