Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 22.05.2013, Az.: 26 BV 31/12
Ausgangslage
Der Kläger ist seit 1988 bei der Beklagten, einem Unternehmen, das ein Container-Terminal im Hamburger Hafen betreibt, beschäftigt. Er ist seit dem Jahre 2002 Mitglied des Betriebsrats und übt seit dem Jahre 2005 die Funktion des Betriebsratsvorsitzenden aus. Bei der Arbeitgeberin besteht eine Betriebssportgruppe, der er als Spartenleiter vorsteht. Er ist zuständig für die Beschaffung von Sportartikeln und Sportkleidung für den Bereich Fußball.
Die Arbeitgeberin ist Großkundin bei einer Lieferantin, bei der sie regelmäßig Arbeitskleidung, Sicherheitskleidung und Sportkleidung bezieht.
Im November 2011 bestellte der Kläger bei dieser Lieferantin 52 Trainingsanzüge. Aufgrund einer im Zusammenhang mit der Abwicklung dieser Bestellung zu Gunsten der Arbeitgeberin erteilten Gutschrift erwarb der Kläger, so die Aussage des Grußkundenbetreuers in der Beweisaufnahme, für private Zwecke Bekleidung im Warenwert von mehreren hundert Euro.
Die Arbeitgeberin sprach daraufhin eine außerordentliche Verdachtskündigung aus und beantragt beim Arbeitsgericht die Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung. Das Arbeitsgericht Hamburg ersetzte die verweigerte Zustimmung.
Entscheidungsgründe
Es sieht die außerordentliche Kündigung der beklagten Arbeitgeberin als gerechtfertigt an. Nach § 15 Abs. 1 KSchG kann ein Betriebsratsmitglied nur außerordentlich, sprich aus wichtigem Grund, gekündigt werden. Weiterhin ist die vorherige Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG erforderlich. Wurde die Zustimmung verweigert, hat das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 2 S. 1 BetrVG iVm § 15 Abs. 1 KSchG dann zu ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds unter Berücksichtigung aller Umstände gemäß § 626 BGB gerechtfertigt ist.
Eine außerordentliche Kündigung kommt regelmäßig bei Eigentums- und Vermögensdelikten zum Nachteil des Arbeitgebers in Betracht. Daneben können auch ähnlich schwerwiegende Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers, die nicht strafbar sind, als Grund eine fristlose Kündigung darstellen. Nicht von Bedeutung ist der durch die Pflichtverletzung entstandene Schaden des Arbeitgebers. Denn der mit der Pflichtverletzung verbundene Schaden ist nicht von Bedeutung. Maßgeblich ist, so das Arbeitsgericht, dass der Kläger auch seine Pflicht zur Rücksichtnahme der Interessen des Arbeitgebers nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt, wenn er bei der Ausführung seiner vertraglichen Aufgaben Vorteile entgegennimmt. Dieses Verhalten ist mit einem dringenden Verdacht vergleichbar und bereits als solches geeignet, eine fristlose Kündigung zu begründen.
Kommentar
Diese Entscheidung macht deutlich, dass Arbeitgeber ein Fehlverhalten der Arbeitnehmer nicht hinnehmen müssen, das unmittelbar ihr Vermögen beeinträchtigt. Das Vertrauen ist gestört. Eine Weiterbeschäftigung ist unzumutbar, selbst wenn ein Mitarbeiter, wie im vorliegenden Fall, bereits seit mehr als 20 Jahren im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigt ist. Deutlich wird durch diese Entscheidung auch, dass weder der Schaden von Bedeutung ist, noch der Nachweis als solcher. Es reicht die hohe Wahrscheinlichkeit einer Pflichtverletzung aus, damit eine außerordentliche Verdachtskündigung in Betracht kommt.